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Epistemizid

Epistemik bezeichnet den Vorgang des Erkennens. „Epistemizid“ nennt der portugiesische Soziologe Boaventura de Sousa Santos das systematische Auslöschen von Wissen, das als „nicht gültig“, also nicht bedeutend oder nicht relevant, angesehen wird. Nur das Wissen, das nach den Kriterien der weißen, bürgerlichen Gesellschaft seit der Aufklärung geschaffen wurde, gilt als wissenschaftlich. Der Epistemizid – und die damit einhergehende Diskreditierung nicht-westlichen bzw. nicht-weißen Wissens – begann mit der Kolonisierung und dauert bis heute an.

Boaventura de Sousa Santos sagt in einem Interview mit dem Deutschlandfunk „Nehmen wir das Beispiel Entwicklung oder Fortschritt. Wir glauben, dass Entwicklung eine Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit ist. Aber das eurozentrische Konzept von Fortschritt oder Entwicklung hat gar nichts zu tun mit Vorstellungen von einem guten Leben, wie es sie in anderen Teilen der Welt gibt. Trotzdem denken wir immer, dass Entwicklung für ein Land bedeutet, so zu werden wie Europa oder Nordamerika. Obwohl wir sogar wissen, dass die Erde kollabieren würde, wenn alle leben würden wie die Menschen dort.“